Prosa & Art Center

Ich muss schlafen

Oh, Mitternacht ist schon vorbei. Ich muss jetzt schlafen, ich muss früh aufstehen. Gleich morgens um neun habe ich einen Termin. Bin ich überhaupt vorbereitet? Ich sollte besser eine Stunde vorher da sein. Ich werde die Unterlagen vorher im Büro noch einmal durchlesen, alles genau lesen, mit einem Markierstift. Schaffe ich das in einer Stunde? Also, ich muss jetzt wirklich schlafen. Ich drehe mich im Bett um und ziehe die Decke bis über die Ohren. Habe ich den Wecker gestellt? Ja, er steht auf sechs Uhr. Im Treppenhaus sind Schritte zu hören, ein anderes Stockwerk. Schlüssel sind zu hören, die Tür wird geschlossen, von innen verriegelt, Stille. Das Licht im Hausflur ist wieder aus. Ach, wie wohlig sich das Kissen anfühlt. Muss ich noch einmal pinkeln? Nein, ich bin schon zu müde. Wie spät ist es jetzt wohl in Japan? Das war eine gute Idee, den Bettbezug heute noch zu wechseln. Dieser frische Duft, einfach herrlich. Mich umhüllt eine wohlige Wärme. Dunkelheit.

Mist, was war das? Ein kreischendes Moped entfernt sich. Ist es schon morgens? Wie spät ist es? Oh, schon halb zwei. Ich habe nur noch viereinhalb Stunden zu schlafen. Jetzt spüre ich meine Blase. Ich richte mich auf, meine Füße suchen die Schlappen, ich wanke im Dunkeln durchs Zimmer, Richtung Bad. Das Licht im Bad blendet, ich pinkele mit zusammengekniffenen Augen. Zurück im Bett, ich liege auf dem Rücken. Draußen muss es regnen, das Rauschen der vorbei fahrenden Autos verrät dies. Ich muss jetzt dringend schlafen. Ich darf nicht müde sein morgen, besonders bei diesem Termin nicht. Nein, ich brauche einen klaren Kopf. Ich drehe mich auf die Seite. Nur noch gute vier Stunden. Ich muss jetzt endlich schlafen, blöder Moped-Fahrer. Ich atme bewusst tief ein und aus. Beruhige Dich! Bin ich überhaupt vorbereitet für diesen Termin morgen? Ich muss einschlafen, nicht mehr nachdenken. Ein komischer Film war das heute Abend, wie war das Ende noch mal? Nein, ich darf jetzt nicht mehr Denken, Gehirn ausschalten, schlaf endlich! Aber jetzt ein frisches Brötchen mit Butter und Käse, das wäre toll. Ich habe Hunger. Ein Brötchen frisch vom Bäcker, noch warm, außen knusperig, innen weich. Wovon habe ich eben geträumt? Ich sollte ein neues Auto testen, das 1.300 km/h schnell ist. Aber das geht doch gar nicht. Doch da war auch etwas erotisches. In einem kleinen Raum, wie eine Umkleidekabine, erregter Atem drang direkt an mein Ohr, und dieser Duft! Mit wem? – Ich habe es geschafft, ich schlafe.